Fernwärmepreis: In Hochdahl tarnt sich ein zusätzlicher Arbeitspreis als "Grundpreis"

Bernhard Osterwind: "Fernwärmepreise sind ungerecht."

Überwiegend wird im Geschosswohnungsbau in Hochdahl die Fernwärme nach qm/Anteil im Grundpreis abgerechnet. Dahinter, so Bernhard Osterwind, langjähriger Kunde der verschiedenen Fernwärmeversorger in Hochdahl, steht aber in Wirklichkeit überwiegend der Wärmeverbrauch einer skurril ausgewählten Gebäudegruppe.

Der "spezifische Wärmepreis" ist in der Abrechnung 2022 verglichen mit 2021 gestiegen. Mit Folgen: "Seit Jahren weigern sich Versorger, den Anschlusswert zu senken. Weil ja nach qm und nicht nach Anschlusswert abgerechnet wird.

Bernhard Osterwind ist nicht nur leidgeprüfter Fernwärmekunde im Geschosswohnungsbau sondern auch Fraktionsvorsitzender der BmU: "Vergeblich habe ich versucht, diese und andere Ungerechtigkeiten im Aufsichtsrat der Stadtwerke zu thematisieren, man vertagte lieber." Es gäbe keinen vernünftigen Grund - außer den Mindereinnahmen der Stadtwerke, jeder Wohnung im Geschosswohnungsbau auch das Recht auf Senkung der Anschlusswerte auf das benötigte Maß zu erlauben.

  

Von Anfang an:

Die Stadtwerke haben das Netz von E.ON ab dem 1.1.2022 gekauft.

Eine Fernwärmerechnung addiert sich aus den versteuerten Komponenten Warmwasser, Zählergebühr, Eichgebühr. Arbeitspreis für die abgenommene Menge und den Grundpreis für die Bereitststellung der Wärmeenergie.

Thematisieren wir hier nur den Grundpreis im Geschosswohnungbau nach qm (dem Löwenanteil aller Fernwärmekunden in Hochdahl).

Häuser, errichtet vor 1977 bezahlen 3,95 €/qm (ohne Umsatzsteuer)

Häuser, errichtet nach 1977 bezahlen 4,58 €/qm (ohne Umsatzsteuer)

Begründet wurde der höhere Preis ab 1977 damit, dass die Stadt die Planung der Einwohnerdichte damals zurückgenommen hat und deswegen die Gewinnerwartung auf die Investitionen für die nach 1977 errichteten Gebiete geringer ausfalle. Im Jahr 2022 kann man diese Gebührenspaltung nur noch als Willkür bezeichnen.

Wie wurden nun z.B. die 3,95 €/qm ermittelt?

Es handelt sich um ein Promille des Grundpreises (den alle bezahlen) von 43,37 €/kW multipliziert um eine spezifische Wärmeleistung in W/qm (Watt pro Quadratmeter). Das aber ist eine Leistung (Wärmeleistung des Vorjahres im Geschosswohnungsbau) und nicht nur eine Bereitstellung einer Leistung. Im Jahr 2022 machte die Leistungskomponente (91,09 W/qm) am Rechnungsbetrag satte 68 % aus. Die Leistungskomponente war 2021 nur 88,2 W/qm. 2023 steigt sie sogar auf 91,81 W/qm! Eine Steigerung des Verbrauchs um 3,3% von 2021 auf 2022. Während Einfamilienhausbesitzer den Grundpreis nach Anschlussleistung pro KWh (das sind je nach Größe 8 bis 12 KWh - mit Schwimmbad natürlich mehr), legt der Mieter im Geschosswohnungsbau das Geld pro Quadratmeter hin! Statt Faktor 10 also u.U. Faktor 100. 

Wie wird nun die Leistungskomponente berechnet? Die Leistungskomponente (W/qm) ist aus unerfindlichen Gründen die Summe aller Mehrfamilienhäuser (also müsste das ab einem Haus mit mindestens zwei Wohnungen erfasst sein...) dividiert durch die Summe aller qm-Wohnflächen im Geschosswohnungsbau. Diese Wärmeleistung wird im Vorjahr (also eine Messung außerhalb der Abrechnungsperiode) berechnet. Energiesparmaßnahmen am Haus "rechnen sich also"  im Geschosswohnungsbau (wo er besonders sinnvoll wäre) nie. Im Einfamilienhausbereich kann man dagegen bisher auf Zuruf ohne besondere Kosten oder Gutachten den Anschlusswert auf die durch die Wärmedämmung niedrigeren Werte senken. Auch das soll sich ab dem 1.1.2025 leider ändern. Für alle wird es schwerer und teurer.

Auch der Grundpreis von 43,37€  "fällt nicht vom Himmel", sondern unterliegt einer jährlichen Preisanpassung. Zur Hälfte geht in die jährliche Preisanpassung die Lohnsteigerung (das kann man nachvollziehen) ein und zu knapp 40 % der Index der Kostenentwicklung bei den Investitionsgütern. Völlig unabhängig davon, ob und in welcher Höhe tatsächlich in Investitionsgüter investiert wurde. eigentlich müsste sich da seit Inbetriebnahme der Fernwärme ca. 50 Jahre ein gewisses Potenzial für Investitionen angehäuft haben. Das Geld wird aber nicht für kommende Investitionen zurückgelegt: 2023 z.B. hat die Stadt Erkrath erhebliche Gewinne aus den Stadtwerken abgezogen, ohne dass es eine solche Rechnung überhaupt gegeben hätte. Wahrscheinlich werden in Zukunft von den Stadtwerken von den Kunden sogar besonders hohe Opfer für die Investition in die Dekarbonisierung verlangt werden.

Fazit: Der Fernwärmpreis ist ungerecht und das wissen auch alle.

Nicht nur, dass das ungerecht ist. Die Versorger, insbesondere E.ON weigerten sich, wenn Kunden mit Einzelverträgen im Geschosswohnungsbau auch den § 3 AVBFernwärme in Anspruch nehmen wollten. Dieser sagte, dass man ein mal jährlich den Anschlusswert bis zu 50 % ohne nähere Begründung senken kann. Von irgendwelchen Ausschließungsgründen, dass das nur gilt, wenn nicht Einzelkunden (Eigentümer oder Mieter), sondern Verwalter oder große Gesellschaften Vertragspartener sind, steht in der FernWV nichts. Also bezahlen in Hochdahl viele Kunden Grundkosten für eine Leistungsbereitstellung, die nie abgerufen werden kann. Das sind Anschlusswerte, wie sie für die wenig gedämmten Häuser Ende der 60er Anfang der 70er Quartieren zugewiesen wurden. Diese Häuser haben zum Teil in der dritten Generation z.B. wärmegedämmte Fenster. Dass Anschlusswerte inzwischen um die Hälfte (!) bei anderen Objekten gesenkt werden konnten, ist keine Seltenheit. Allein die jüngste Sanierung hat im Fall von Osterwinds Mehrfamilienhaus den Verbauch um über 25 % gesenkt. Verbrauchte sein Blockzähler 1984 noch 919.722 kWh, waren es 2022 noch 478.000 kWh.  Aber der Grundpreis steigt! 

So kassiert man Geld ohne Risiko, eine Gegenleistung erbringen zu müssen.

Wäre Osterwinds Wohnung statt in der 5. Etage ein Einfamilienhaus mit für den Verbrauch üppigen 6 KWh Anschlusswert, wäre sein Grundpreisanteil statt 369,64 €/Jahr nur 260,22 €. Also zahlt er, bzw seine Mieter, einen Aufschlag von über 42 %. Dagegen wehrt Osterwind sich. Seit Jahren.

Die Gewinne im Fernwärmebereich werden in erster Linie aus dem Geschosswohnungsbau (6600 Kunden) gezogen. Die Einfamilienhäuser (Anschluss immer nach kW) zahlen - angemessene Anschlusswerte unterstellt, deutlich weniger.

Im Geschosswohnungsbau nach 1977 ist die Differenz um 16% höher. Schlimmer geht in der Fernwärme immer. Hinzu kommt noch die Mehrwertsteuer..,..

 

Und die Stadtwerke schildern den Grundpreis nicht nur anders, sie widersprechen sich selber, was den Bezugszeitraum betrifft:

Zitat Homepage Stadtwerke: "Spezifische Wärmeleistung aller an das Fernheizwerk Hochdahl angeschlossenen Mehrfamilienhäuser in Watt pro m²-Wohnfläche [W/m2]: Diese ergibt sich aus der Summe der vertraglich vereinbarten Wärmeleistungen aller angeschlossenen Mehrfamilienhäuser, dividiert durch die Summe der m²-Wohnfläche aller angeschlossenen Mehrfamilienhäuser für das Abrechnungsjahr. Die Berechnung erfolgt stets am Ende eines Abrechnungszeitraums." In den AGB der Stadtwerke steht der "vorhergehende Abrechnungszeitraum" (Seite 3 linke Spalte -mittig-) 2023 also der von E.ON als Berechnungsgröße der Stadtwerke. Fragen über Fragen. (Letzte Abfrage der URL 24.9.24).Transparenz geht anders.

Osterwind hatte die Probe gemacht und E.ON aufgefordert, die Anschlussleistung seines Objektes, die ja angeblich Berechnungsgrundlage ist, nur mal zu nennen. E.ON konnte das nicht. Woher also kommt die spezifische Wärmeleistung, wenn der Vertrag nicht vorgelegt werden kann (lt. Stadtwerke Erkrath)? Bleibt nur der Verbrauch. Dafür sprechen auch die jährlichen Schwankungen des "spezifischen Wärmepreises" denn in Hochdahl ist in den letzten Jahren kein nennenswerter Geschosswohnungsbau abgerissen oder hinzugefügt worden. Eher wäre durch Wärmedämmung mit einem sinkenden Anschlusswert zu rechnen gewesen: der steigt aber 2021 auf 2022 und steigt nochmal 2023. Mindestens sehen wir hier einen Verstoß gegen das Transparenzgebot. Im Einfamilienhausbereich wird der vereinbarte Anschlusswert in kWh genannt. Bei den Abrechnungen im Geschosswohnungsbau nicht. Dass es keine Konstante ist (Anschlusswert aller Häuser im Geschosswohnungsbau) sieht man an den jährlichen Schwankungen der Werte. So schlecht wärmegedämmte Hochhäuser, dass sie den Anschlusswert tausender Wohnungen im Durchshcnitt direkt um 3,3  % erhöhen (das heißt energetisch verschlechtern) sind 2021 nicht gebaut worden. Da ist im Geschosswohnungsbau wohl gar kein Haus mit Fernwärmeanschluss gebaut worden. Wenn, dann hätte es auch überdurchschnittlich günstigere Anschlusswerte haben müssen.

Warum wird eigentlich im Geschosswohnungsbau nach qm/Durchschnitt aller Mehrfamilienhäuser abgerechnet?

Ganz einfach auch hier: so verdient man mehr.

Eine Modellrechnung:

Ein Einfamilienhaus habe Länge mal Breite mal Höhe = 10x10 m und 3 m Raumhöhe als "Kasten". Nun bringen wir 15 Wohnungen je 100 qm in einem Kasten unter. Dafür brauche ich einen Kasten von  18 m x 18 m und 15 m Höhe. (5 Etagen je 3 Wohnungen mit 100 qm). Wärme geht nur durch die Oberfläche verloren. Im Beispiel ist das Oberflächen/Volumenverhältnis beim EFH  1,07. Beim MFH 0,37 !. Der Geschosswohnungsbau ist also viel energiesparender und klimafreundlicher. Es verbraucht deutlich weniger. Weniger also die Hälfte (wenig mehr als ein Drittel) bei gleicher Wohnfläche! Würde er wie beim Einfamilienhaus abgerechnet, würde auch die benötigte Anschlussleistung viel billiger und dmait gerechter Weise preiswerter sein. Der Grundpreis im Geschosswohnungsbau errechnet sich aus einem Promille des Produktes des Grundpreises im Einfamilienhausbereich (Steigt durch Löhne und Kostenentwicklung bei Industriegüter) multipliziert mit dem spezifischen Wärmepreis nach qm. In unserem Fall (100 qm)  bleibt da also  (100 im Zäher und 1000 im Nenner) der Faktor 10. Das Zehnfache des Grundpreises hat auch unser Einfmailienhaus. Die Wohnung im Geschosswohnungsbau braucht aber eigentlich weniger als die HÄLFTE!

 

Fazit: Das Geschäft wird mit den Ärmeren gemacht. Und die merken es noch nicht mal, da alles so verschachtelt ist.