BmU-Antrag zur Personalsituation in der Kinderbetreuung

Nachdem es im Sommer in Kitas zu Kürzungen in den Betreuungszeiten gekommen war und alle Kitas mit Personalproblemen zu kämpfen haben, hat die BmU den folgenden Antrag an den Vorsitzenden des Ausschusses für Jugendhilfe gestellt.

Personalsituation, Betreuungszeiten und Notbetreuung in Erkrather Kitas

"Sehr geehrter Herr Osterwind,


hiermit beantrage ich für die BmU-Fraktion die Aufnahme des Tagesordnungspunktes:
"Personalsituation, Betreuungszeiten und Notbetreuung in Erkrather Kitas"

Begründung:

Zunächst einige Elternzitate:
„Ich muss regelmäßig bis 17 Uhr arbeiten, aber die Kita schließt um 14:00 Uhr!“
„Ich soll mein Kind mittags immer für 2 Stunden abholen!“
„Ich kann in den Ferien keine 3 Wochen am Stück Urlaub nehmen!“

All diese Probleme hat der Gesetzgeber versucht zu regeln.
Wichtige Regelungen finden sich z.B. in:
§ 3 Abs. 3 KiBiz:
Der zeitliche Umfang des Betreuungsanspruchs richtet sich nach dem individuellen Bedarf.
Die Eltern haben das Recht, die Betreuungszeit für ihre Kinder entsprechend ihrem Bedarf
und im Rahmen dieses Gesetzes zu wählen.
§ 4 Abs. 1 KiBiz:
Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe (Jugendämter) sind im Rahmen ihrer
Jugendhilfeplanung unter Einbeziehung der Träger der freien Jugendhilfe zur Entwicklung
eines bedarfsgerechten Betreuungsangebotes in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege
verpflichtet.
§ 4 Abs. 3 KiBiz:
Die Jugendämter sollen das Angebot an den Bedarfen der Familien ausrichten und den
Wünschen für den Betreuungsumfang in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege
entsprechen. Sie stellen sicher, dass in ihrem Bezirk alle Betreuungszeiten in
bedarfsgerechtem Umfang und verlässliche Angebote in der Kindertagespflege vorgehalten
werden. Bei der Planung sind auch Betreuungsbedarfe in den Morgen- oder Abendstunden
sowie an Wochenend- und Feiertagen und in Ferienzeiten zu berücksichtigen.
§ 26 Abs. 4 KiBiz:
Wird in der Tageseinrichtung Mittagessen angeboten, so ist jedenfalls jedem Kind mit einer
wöchentlichen Betreuungszeit ab 35 Stunden grundsätzlich die Teilnahme zu ermöglichen.
§ 27 KiBiz:
(1) Jede Kindertageseinrichtung soll bedarfsgerechte Öffnungs- und Betreuungszeiten unter
Berücksichtigung des Kindeswohls und der Elternwünsche anbieten. Grundlage für die angebotenen Betreuungszeiten ist die örtliche Jugendhilfeplanung. In
der Regel ist eine durchgehende Betreuung über Mittag anzubieten. Die Tageseinrichtung
kann nach Anhörung des Elternbeirates zur Sicherung ihres Bildungs- und
Erziehungsauftrages Kernzeiten festlegen.
Erläuterung zum Gesetzestext vom Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und
Integration (MKFFI): Grundsätzlich soll ein durchgängiges ungeteiltes Angebot vorgehalten
werden. Ausnahmsweise kann von einer Betreuung über Mittag abgesehen werden, wenn
diese nicht dem Bedarf der Kinder und ihrer Familien vor Ort entspricht.
(3) Kindertageseinrichtungen sind verpflichtet, ganzjährig eine regelmäßige Betreuung und
Förderung aller aufgenommenen Kinder zu gewährleisten. Die Anzahl der Schließtage, ohne
Wochenend- und Feiertage, soll 20 und darf 27 Öffnungstage nicht überschreiten.
Schließzeiten bis zur Hälfte der täglichen Öffnungszeit zählen grundsätzlich als halbe
Schließtage und darüberhinausgehende Schließzeiten zählen grundsätzlich als ganzer
Schließtag.
Erläuterung zum Gesetzestext vom Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und
Integration (MKFFI): Die Anzahl der jährlichen Schließtage soll zwanzig nicht überschreiten.
Die Zahl bezieht sich auf Einrichtungen, die regelmäßig an fünf Tagen in der Woche geöffnet
haben. Der Begriff der Schließtage wird aus Elternsicht verstanden, d.h., einschließlich
Schließzeiten für pädagogische Konzepttage, Weiterbildung oder Teambildungstage. Mehr
als 27 Schließtage im Jahr sind unzulässig.
(5) Kindertageseinrichtungen sind verpflichtet, Eltern von Kindern, die bei Schließung der
Einrichtungen an Ferientagen weder von ihren Eltern noch auf andere Weise angemessen
betreut und gefördert werden können, auf § 22a Absatz 3 Satz 2 SGB VIII hinzuweisen und
die Sicherstellung einer anderweitigen Betreuungsmöglichkeit soweit möglich zu
unterstützen.
§ 22a Abs. 3 Satz 2 SGB VIII:
Werden Einrichtungen in den Ferienzeiten geschlossen, so hat der Träger der öffentlichen
Jugendhilfe für die Kinder, die nicht von den Erziehungsberechtigten betreut werden können,
eine anderweitige Betreuungsmöglichkeit sicherzustellen.
Der aktuelle Arbeitsmarkt stellt die KiTas im Stadtgebiet vor dramatische
Herausforderungen. Eine erneute Schließung einer Gruppe ohne sofortiges Angebot der
Notbetreuung sollte zukünftig nach Möglichkeit vermieden werden. Es ist kein Trost, dass wir
das Problem trägerübergreifend und bundeslandübergreifend mit vielen
Jugendämtern/Trägern teilen.

Trotzdem:

  1. Wir brauchen für jede Einrichtung, für den Fall der kurzfristigen Schließung z.B. wegen des Krankenstandes, einen vorbereiteten Plan B, welcher eine Notbetreuung unmittelbarsicherstellt und im Rahmen der Möglichkeiten vorbereitet ist. Das Jugendamt muss so frühwie nur möglich unterrichtet werden.
  2. Selbst für den Fall von angekündigten Schließzeiten gilt, dass eine Betreuung in dengenannten Ausnahmefällen zu gewährleisten ist.

Stabilität der Träger-Finanzierung

Zukünftig könnte der Betrieb der Träger gefährdet sein, denn die Löhne wachsen aktuell mit
10,8% (Eingruppierung S8a, Stufe 6)1 früher und stärker als die Pauschalen mit 3,46%2,
über die sich die KiTas freier Träger finanzieren. Eine gute Personalausstattung führt zu
einer großen Finanzierungslücke. Eine schlechte Personalausstattung führt zur
Kündigungsbereitschaft des Personals.
Bis zur Reform des Kinderbildungsgesetzes zum 1. August 2020 wurden die Kindpauschalen
jährlich um jeweils 1,5 % erhöht. Das Problem dieser Finanzierung war, dass die Steigerung
der realen Kosten höher ausfiel, als die der Kindpauschalen und die tatsächliche
Tarifentwicklung des Personals sowie die Entwicklung der Sachkosten nicht berücksichtigt
wurden. Diese Problematik sollte mit der jetzt geltenden dynamischen Fortschreibungsrate3
behoben werden. Hohe Inflationsraten und insbesondere der letzte Tarifabschluss bringen
dieses Finanzierungssystem erneut an seine Grenzen.
Die Stadt Münster schätzt in Ihrer Pressemitteilung vom 1. Juni 2023 einen zweistelligen
Millionenbetrag zur Sicherung der bestehenden Kindertageseinrichtungen4 wegen dieser
Finanzierungslücke.
Wie hoch die Lücke zwischen KiBiz-Förderung und tatsächlichen Kosten für eine Kita im
Einzelfall ist, hängt insbesondere von der Anzahl der Mitarbeitenden in den Kitas eines
Trägers und – falls vorhanden – von der Höhe der KiBiz-Rücklage des Trägers ab.
Finanzielle Engpässe sollten zeitnah erkannt und die KiTa Betreuung in Erkrath weiterhin
sichergestellt werden.

Freundliche Grüße
Peter Sohn"